Berlins modische Wiedergeburt
Glaubt man den Experten, so hĂ€tte Berlin modisch gesehen heute mit Paris gleichziehen können. HĂ€tte. Leider sorgten zwei Weltkriege dafĂŒr, dass sĂ€mtliche Produktion und die Entwicklung Berlins zum zweitwichtigsten Zentrum der Mode in Europa zum Erliegen kamen. Obwohl es dank der Fashion Week und zahlreichen mehr oder minder talentierten kleinen Labels wieder bergauf geht, ist die Wegrichtung eine andere.
Anfang des 19. Jahrhunderts florierte die Berliner Mode weltweit und vertrieb exklusive Herrenmode sowie tadellos verarbeitete Damenmode. Das Erfolgskonzept war einfach. Als Vorbild dienten die extrovertierten Kreationen aus Paris, die blitzschnell in eine tragbare Variante umgewandelt und produziert wurden. Berlin konnte sich so bis zum zweiten Weltkrieg eine Machtstellung innerhalb Europas sichern, wenn auch keine trendangebende. Rund um den Hausvogteiplatz bildete sich ein Modezentrum mit verschiedenen KonfektionshĂ€usern und Modesalons. Jene wurden hauptsĂ€chlich von jĂŒdischen Textilfabrikanten gefĂŒhrt. Ein Exportboom nach Amerika setzte Ende des 19. Jahrhunderts ein, da die Pariser Produktion aufgrund des Deutsch/Französischen Kriegs fast zum Erliegen kam, wovon sich die Metropole jedoch schnell wieder erholte.
Der Berliner Schick
Von der Hochkonjunktur beflĂŒgelt ĂŒberstanden die meisten Berliner ModehĂ€user den ersten Weltkrieg unbeschadet. Es entstand der fĂŒr die Goldenen 20er prĂ€gende Berliner Schick. Viele Frauen hatten durch den Verlust ihrer Ehegatten im Krieg eine ungewollte UnabhĂ€ngigkeit erlangt, die sich auch in der Bekleidung durch gradlinige, mondĂ€ne Schnitte Ă€uĂerte. Die Berliner Modeindustrie befand sich mit zahlreichen namenhaften KonfektionshĂ€usern sowie den wichtigsten deutschen Modezeitschriften und zahlreichen Modeveranstaltungen auf ihrem Zenit.
Das jĂ€he Ende folgte mit dem zweiten Weltkrieg. Ein GroĂteil der jĂŒdischen Textilfabrikanten musste fliehen, wobei sie ihre Labels mitnahmen. Dazu kam das neue von Hitler geformte Frauenbild, was sich durch MĂŒtterlichkeit und Patriotismus charakterisierte. Innovativen Kreationen wurde per Gesetz jeglicher Raum zum gedeihen entzogen.
Stilistische Entwicklungsstadt
Heute wird Berlin im Ausland wieder mit Mode gleichgesetzt. Jedoch geht es dabei weniger um die von Paris ausstrahlende LuxuriösitÀt, sondern vielmehr um den nach dem Krieg entstandenen urbanen Stil der Hauptstadt. Im Fokus steht Streetwear, die durch elegante Elemente ergÀnzt wird und somit den Berlin-Style bildet. Ein Kontrastprogramm zum seit Jahren etablierten Stil von Paris. Allerdings ergibt sich daraus laut Branchenexperten auch ein entscheidender Vorteil: In Berlin ist noch alles möglich.
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